Die Gewerkschaft „Arbeit und Soziales“ (vbba) begrüßt die Ziele, die mit der Kindergrundsicherung verfolgt werden. So sollen mit der Einführung Kinderarmut bekämpft, Unterstützungsbedarfe besser gedeckt und bessere Chancen für Kinder und Jugendliche geschaffen werden. Jedoch lässt der Kabinettsentwurf wichtige fachlich-organisatorische und rechtliche Fragen offen. Zudem ist von einem deutlich erhöhten Aufwand für den Familienservice und die Jobcenter auszugehen.
So fehlen im Gesetzesentwurf beispielsweise die Möglichkeiten zum Datenabruf bei den Jugendämtern als Unterhaltsvorschussstellen sowie zum umgekehrten Datenabruf von der BA und den Jobcentern. In Fällen, in denen ein durch die Kindergrundsicherung nicht gedeckter oder nicht rechtzeitig gedeckter Bedarf entsteht, müssen die Jobcenter diesen Bedarf ermitteln und decken. An einem Fall zur Absicherung des Grundbedarfs arbeiten in bestimmten Konstellationen also zwei unterschiedliche Behörden nach unterschiedlichen Rechtsgrundlagen. Daraus folgt nicht nur ein erhöhter administrativer Aufwand, sondern in bestimmten Fällen auch eine spätere verbindliche Bescheiderteilung für die Bürgergeld beziehende Bedarfsgemeinschaft.
Die Einführung einer faktisch bedingungslosen Kindergrundsicherung steht im Widerspruch zu den möglichen Leistungsminderungen gemäß SGB II (Bürgergeld). In der Konsequenz würde man vergleichbare Fälle in einer wesentlichen Hinsicht ungleich behandeln; dies könnte einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes darstellen. Gewerkschaftschef Waldemar Dombrowski sieht die Familienkassen grundsätzlich gut aufgestellt, um die Leistungen perspektivisch an die Familien zu bringen. Da ist in den letzten Jahren viel Kompetenz aufgebaut worden. Aber personell, räumlich und IT-technisch müsse deutlich zugelegt werden. Zumal eine möglichst hohe Inanspruchnahme angestrebt wird. Angesichts der laufenden politischen Debatte weist Waldemar Dombrowski auf ein erhebliches Risiko der Umsetzung hin: „Die Kolleginnen und Kollegen in der BA haben gerade in schwierigen Krisenzeiten ihre Leistungsfähigkeit bewiesen, zuletzt beispielsweise bei der Gewährung des Kurzarbeitergeldes während der Pandemie. Aber nach internen Rückmeldungen von Expertinnen und Experten gilt es klarzustellen, dass die notwendigen, komplexen IT-Entwicklungen bis zum 1. Januar 2025 nicht mehr realisiert werden können. Zumal eine verbindliche und klare Version bis dato nicht vorliegt“. Im Zuge einer seriösen Gewaltenteilung müsse der Gesetzgeber die Umsetzungskomplexität und die notwendige Realisierungszeit berücksichtigen. „Hier gilt es sich ehrlich zu machen, ansonsten wird es ein schlechtes Gesetz. Das liegt weder im Interesse der Familien noch im Interesse der verantwortlichen Beschäftigten“, ergänzt Dombrowski.