Letztes Jahr waren die Jobcenter und die Belastungssituation ihrer Beschäftigten noch in aller Munde. Das außergewöhnlich hohe Arbeitspensum aufgrund der Übernahme der Flüchtlinge aus der Ukraine in den Rechtskreis des SGB II wurde erkannt und man hat verstanden, dass die Einführung von Bürgergeld zum 01.01.2023 zu einer noch höheren Belastungssituation führt.
Derzeit hat man den Eindruck, dass die politischen Entscheidungsträger davon ausgehen, dass sich die Situation entspannt habe. Doch die Realität sieht anders aus, denn die Beschäftigten arbeiten weiterhin täglich an ihren Belastungsgrenzen und teils auch darüber hinaus, um die Arbeit bewältigen zu können. Nach wie vor stellen täglich Flüchtlinge aus der Ukraine Neuanträge auf Bürgergeld. Die Ansprechpartner im Bereich Markt und Integration müssen einerseits zeitnah in neue Gespräche einsteigen und anderer-seits sicherstellen, dass Absolventen von Integrationskursen zeitnah auf dem Arbeitsmarkt vermittelt werden.
Die ersten Umstellungen zum Bürgergeld zum 01.01.2023 sind überwiegend reibungslos verlaufen. Doch die gravierendsten Änderungen kommen erst ab 01. Juli 2023 auf die Jobcenter zu. Allem voran die Änderungen, die im Bereich Markt und Integration anstehen. Und da lässt sich sagen, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand so recht weiß, welche Erwartungen es zum 1. Juli gibt. Es bestehen offene Fragen zum Thema Kooperationsvereinbarungen und zum Schlichtungsverfahren. Qualifizierungen für Mitarbeitende stehen noch aus. In vielen Jobcentern läuft der Alltag mitsamt Zielvorgaben unbeirrt weiter. Für die Beschäftigten hat es derzeit den Anschein, dass zusätzlich zur intensiven Arbeit mit den Geflüchteten die Erwartung besteht, das Versäumte aus der Coronazeit nachzuholen. Der Fokus liegt auf quantitativen Kennzahlen, ambitionierte Erwartungen am Anteil der Beratungszeit und Erfüllung von teilweise fragwür-digen Kennzahlen. So beobachten wir in einigen Dienststellen erneut das bekannte Phänomen der Erfassung von ATV-Terminen in Excel-Listen, welches bereits in der Vergangenheit kritisiert wurde.
Als Fachgewerkschaft fordern wir daher von der BA:
• Weisungen und Erwartungen zur Arbeit ab 01. Juli zu veröffentlichen,
• entsprechende Qualifikation der Beschäftigten sicherzustellen
• den Beschäftigten insbesondere im Bereich Markt & Integration zum Umstellungszeitpunkt entsprechende Freiräume zu schaffen, um sich mit den Neuerungen auseinandersetzen und ohne Stress und unnötigen Zeitdruck auf die intensivierten Einzelgespräche einlassen zu können
• und die kennzahlenorientierte indirekte Steuerung über die Regionaldirektionen zurückzufahren
Nur so wird es möglich sein, den politischen Willen zum Bürgergeld auch in die Tat umsetzen zu können.