LBB im Erwerbsleben
Kritikpunkte zur Einführung / Hinweis zur ISB
In der Juli-Sitzung wurde dem HPR ein „Fach- und Organisationskonzept für die Lebensbegleitende Berufsberatung (LBB) Teil 2 - Berufsberatung im Erwerbsleben“ nach § 78 Abs. 5 BPersVG zur Anhörung vorgelegt. Darüber hinaus ist dem HPR die Einführungsweisung sowie der Leitfaden Lebensbegleitende Berufsberatung mit den Ergänzungen für die Berufsberatung im Erwerbsleben zur Kenntnis gegeben worden. Demnach soll mit LBB - Beratung im Erwerbsleben ein weitergehendes Angebot für die berufliche Orientierung und Beratung im Erwerbsleben ab dem 1. Januar 2020 bundesweit eingeführt werden.
Dazu hat der HPR die nachfolgende Stellungnahme gegenüber dem Vorstand der BA abgegeben:
Der Hauptpersonalrat hält die geplante Einführung des Dienstleistungsangebotes der Berufsberatung im Erwerbsleben für den richtigen Schritt in der heutigen Zeit und sogar weit darüber hinaus.
Nicht nur aufgrund des Qualifizierungschancengesetzes, das der Bundesagentur für Arbeit einen erweiterten gesetzlichen Auftrag gegeben hat, sondern insbesondere mit dem präventiven Ansatz einer Beratung für Menschen in einer Arbeitswelt im steten Wandel, stellt die BA ein sinnvolles Angebot zur Bewältigung der Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung.
Die arbeitgeberseitige Bewertung in Tätigkeitsebene III analog zu LBB vor dem Erwerbsleben ist nachvollziehbar und entspricht der Forderung des Hauptpersonalrates.
Allerdings muss der Hauptpersonalrat Ihnen einige kritische Anmerkungen und Forderungen mit auf den Weg geben, denn wir sehen deutlich, dass LBB im Erwerbsleben unter den angedachten Rahmenbedingungen in der Praxis zu Problemen für die Beschäftigten und die Gesamtorganisation führen wird.
1. Dem Hauptpersonalrat liegt kein gesamtheitliches Fachkonzept für die Agentur für Arbeit vor:
LBB im Erwerbsleben wird nur funktionieren, wenn die Dienstleistung sinnvoll in die Gesamtorganisation eingebunden und vor allem mit den anderen Beratungs- und Vermittlungsdienstleistungen verknüpft ist.
In diesem Zusammenhang fordert der Hauptpersonalrat eine klare Aufgabenzuteilung und realistische Betreuungsschlüssel für alle Beratungs- und Vermittlungsfachkräfte!
Des Weiteren ist dringend angezeigt und lange überfällig, die Tätigkeit der Reha- sowie INGA-Beratung – wie vom Hauptpersonalrat gefordert – arbeitgeberseitig analog der Lebensbegleitenden Berufsberatung zu bewerten!
2. Die bundesweit angedachte Anzahl von 600 Beraterinnen und Beratern im Erwerbsleben hält der Hauptpersonalrat für nicht ausreichend:
Mit 600 Beraterinnen und Beratern bis 2022 in 156 Agenturen für Arbeit und über 500 Geschäftsstellen erscheint es dem Hauptpersonalrat unmöglich, die Dienstleistung LBB im Erwerbsleben flächendeckend anzubieten.
Es ist zu befürchten, dass das Projekt nicht den gewünschten Erfolg bringt und das Angebot in der Öffentlichkeit nur begrenzt wahrgenommen wird.
In der Pilotierung wurde im Flächenbezirk Kaiserslautern-Pirmasens durch eine angemessene Personalausstattung gewährleistet, dass die Dienstleistung vielen Menschen zu Gute kommen konnte. Insbesondere in Agenturen mit großer Fläche muss also gewährleistet sein, dass auch dort die Dienstleistung in notwendigem Umfang angeboten werden kann. Vermehrte Fahrtzeiten der künftigen Beraterinnen und Berater sowie lange Wartezeiten auf Termine können nicht im Interesse der BA sein – weder in Bezug auf die Beschäftigten, noch auf die Kundinnen und Kunden.
Der Hauptpersonalrat empfiehlt eine Überprüfung der Personalbedarfe in Form einer erneuten kalkulatorischen Betrachtung.
Sollte an der Zahl 600 festgehalten werden, kann es sich unseres Erachtens nur um eine Startaufstellung für 2020 handeln!
Weiterhin sollte bereits im nächsten Jahr eine Evaluation eingezogen werden, um die Bedarfe für LBB im Erwerbsleben für die Folgejahre zu überprüfen und die quantitative Personalstruktur entsprechend anzupassen.
Zu berücksichtigen sind auch Entzüge, die zum einen wegen stetiger Qualifizierungserfordernissen, zum anderen wegen notwendiger Netzwerkarbeit entstehen.
Der Hauptpersonalrat fordert darüber hinaus die Vorlage der Zertifizierungsgrundlagen!
3. Die konkrete personalwirtschaftliche Realisierung liegt dem Hauptpersonalrat nicht vor:
Der Vorstand der BA hat entschieden, den Personalabbaupfad mit 1.200 weiteren kw-Vermerken fortzuschreiben. Der Hauptpersonalrat hat sich in seiner Stellungnahme zum Personalhaushalt 2019 deutlich negativ zu dieser Entscheidung geäußert. An der Sichtweise des Hauptpersonalrates hat sich nichts geändert. Der Abbaupfad ist falsch und passt nicht in die Zeit steigender Herausforderungen für die BA!
Gerade aufgrund der zusätzlichen Personalbedarfe für LBB vor und im Erwerbsleben stellt sich die Frage, woher die Stellen für die zusätzlichen Beraterinnen und Berater kommen sollen, wenn „nebenbei“ auch noch der Abbaupfad bewältigt werden soll.
Die Argumentation des Vorstandes der BA, dies über Effizienzgewinne aus Optimierung und technischer Entwicklung zu erwirken, lässt sich mit der Realität nicht in Einklang bringen.
In der Vergangenheit wurden so z.B. mindestens 1.000 kw-Vermerke zu viel auf Grundlage einer zu optimistischen Wirkungsprognose in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Projektes Apollo erbracht.
Aus – durch den Hauptpersonalrat von allen Bezirkspersonalräten angeforderten – Berichten zur aktuellen Personalsituation geht hervor, dass es derzeit keine Bereiche gibt, die in der Lage wären, Umschichtungen „auszuhalten", ohne in der Folge quantitative sowie qualitative Einschränkungen des Dienstleistungsangebots vornehmen zu müssen (z.B. zeitliche Einschränkung der Öffnungszeiten bis hin zur Schließung von Geschäftsstellen). Dies gilt insbesondere auch für das Kundenportal und den Operativen Service.
Die vom Vorstand der BA sogenannten „kundenferne Bereiche" (beispielhaft seien das Regionale lnfrastrukturmanagement sowie der Interne Service genannt) sind essentiell für die Arbeitsfähigkeit des operativen Geschäfts. Gerade diese Bereiche arbeiten seit langem jedoch an der Grenze der Belastbarkeit. Der Ansatz, die kw-Vermerke hier zu realisieren, hält der Hauptpersonalrat für nicht tragfähig.
Der Hauptpersonalrat fordert daher im Zusammenhang mit der Flächeneinführung von LBB den Personalabbaupfad umgehend zu beenden. Alle bereits für die Folgejahre ausgebrachten kw-Vermerke sind ersatzlos zu streichen!
Der Hauptpersonalrat empfiehlt zu prüfen, ob die Bedarfe für LBB im Erwerbsleben (und ggf. auch für die weiteren Tranchen LBB vor dem Erwerbsleben) durch die zu viel ausgebrachten kw-Vermerke aus dem Projekt Apollo gedeckt werden können.
Der Hauptpersonalrat kann die bundesweite Einführung von LBB im Erwerbsleben nur unter Erfüllung der dargestellten Prämissen empfehlen.
Die Stellungnahme des HPR ist im Original im Intranet nachzulesen:
www.baintranet.de/006/006/001/003/Seiten/LBB-im-Erwerbsleben---Stellungnahme-des-HPR.aspx
ISB im Kontext der Umsetzung von „LBB vor dem Erwerbsleben“
Die Umsetzung des Fachkonzepts Lebensbegleitende Berufsberatung (LBB) vor dem Erwerbsleben löst aktuell in verschiedenen Internen Services bereits Beratungen der (in A10) beamteten Kolleginnen und Kollegen zur sogenannten In-Sich-Beurlaubung (ISB) aus.
Hintergrund dafür ist, dass Beamtinnen und Beamte bis zum Abschluss einer Zertifizierung nicht befördert werden können und daher – anders als Tarifbeschäftigte – auch nicht finanziell von einer vorübergehenden höherwertigen Beauftragung profitieren. Für die Zeit bis zum Abschluss der Zertifizierung (deren Inhalt, Dauer und Umfang noch nicht feststeht) entstehen so finanzielle Nachteile.
Als Fachgewerkschaft empfehlen wir unseren betroffenen Kolleginnen und Kollegen, bzgl. des Angebots der ISB eine solch weitreichende (Lebens-) Entscheidung nicht voreilig zu treffen, sich zunächst über die Internen Services eine Pensionsauskunft A10 und A11 einzuholen – und erst bei Kenntnis aller entscheidungserheblichen Umstände eine abgesicherte und individuelle Entscheidung zu treffen.
Die Gefahr einer Beförderungsauslese A11 durch die Umsetzung der Fachkonzepte LBB wird seitens der Zentrale nicht gesehen.