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Kassensicherheit in den Jobcentern

Mit Wirkung zum 01.01.2015 hat die BA im Auftrag von BMF und BMAS verbindlich das 4-Augenprinzip für kassenwirksame Entscheidungen im Leistungsbereich der Jobcenter eingeführt. Alle erfassten Daten, insbesondere zahlungsrelevante Daten, sind danach von einer zweiten Person zu prüfen.

Dies betrifft nicht nur die erstmalige Feststellung oder die Weiterbewilligung von Leistungen, sondern nahezu alle Vorgänge, die in den IT-Verfahren im Leistungsbereich bearbeitet werden (Änderungsbescheide, Aufhebungsbescheide, Erstattungsbescheide, etc.). Grundsätzlich schreiben die Bundeshaushaltsordnung und andere Bundesvorschriften die Einhaltung des 4-Augenprinzips seit Jahren vor, weshalb die Maßnahme insoweit sachlich nicht zu beanstanden ist. Allerdings sind Zeitpunkt und Rahmenbedingungen der Umsetzung überhaupt nicht nachvollziehbar. Die Jobcenter sind durch die Einführung von ALLEGRO bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit belastet.

 

Die bislang gelungene Umstellung der Leistungsfälle von A2LL auf ALLEGRO beruht allein auf der Leidensfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern und der Tatsache, dass hier eine enorme zusätzliche Arbeitsleistung im Rahmen der flexiblen Arbeitszeit erbracht wurde. Tatsächlich haben sich die optimistischen Annahmen der BA bezüglich des Zusatzaufwands je Weiterbewilligungsantrag nicht bestätigt. Zudem ist die Funktionalität von ALLEGRO abseits der Neu- und Weiterbewilligung von Alg II noch ausbaufähig. Da helfen auch die Verweise auf die nächsten Versionsänderungen nur wenig. Tatsache ist, dass die Umstellungsbelastungen sowie der Zeitaufwand für die laufende Bearbeitung in ALLEGRO höher sind als erwartet und in vielen Jobcentern die Grenze der Leistungsfähigkeit längst erreicht ist. Dies belegen sowohl steigende Rückstände als auch erhöhte Krankheitsquoten in den Jobcentern.

 

In dieser Situation noch eine derartige Zusatzbelastung wie das 4-Augenprinzip draufzupacken, zeugt bei den beteiligten Ministerien von einer nicht unerheblichen Unkenntnis der Belastungen oder einer gewissen Ignoranz. Die im Konsultationsverfahren von den Beteiligten eingebrachten Bedenken wurden nicht berücksichtigt. Mögliche Handlungsspielräume zur Frage des Zeitpunktes der Umsetzung des 4-Augenprinzips wurden ignoriert und nicht genutzt.

 

Tatsache ist, dass die Belastung der Leistungsmitarbeiter/-innen inzwischen zumutbare Grenzen überschreitet. Da helfen auch die 400 Ermächtigen, die bundesweit zur Verfügung gestellt werden erst einmal gar nichts. Grundsätzlich müssen neue Kräfte akquiriert und eingestellt werden. Deren Einarbeitung bindet sogar zusätzliche Kapazitäten und erhöht die Belastung erneut. Zudem gibt es natürlich keine zusätzlichen Finanzmittel für die Bezahlung, was in vielen Fällen die Einstellung zusätzlicher Mitarbeiter/innen obsolet macht.

 

Der ermittelte Personalmehrbedarf von bundesweit 400 Jahreskräften erscheint auch nicht plausibel und die Grundlagen der Berechnung wurden (auch auf Nachfrage politischer Akteure) durch die BA nicht transparent gemacht. Geradezu irrwitzig erscheint in diesem Zusammenhang die Darstellung und Begründung für die Einführung des 4-Augenprinzips im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales. Danach soll der ermittelte Personalmehraufwand im bisherigen Prüfverfahren (Einzelfall-Stichprobenprüfung) um zwei Drittel höher sein als eine Prüfung aller Fälle im 4-Augenprinzip.

 

Angesichts dieser Situation muss man sich in der Politik fragen lassen, ob man bereit ist, bundesweit Störungen bei der pünktlichen Auszahlung von Grundsicherungsleistungen in Kauf zu nehmen, obwohl eine befristete Ausnahme von dem Verfahren rechtlich durchaus möglich wäre.

 

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